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Gesundheit & Medizin

Stellungnahme des BDRh zum Referentenentwurf des GKV-VSG

PR-Inside.com: 2014-11-28 10:57:11
Neuregelung zum Aufkauf von Praxissitzen nach SGB V § 103 Abs. 3a, Satz 3

Die rheumatologische Versorgung ist nach wie vor bundesweit durch Defizite gekennzeichnet. Für eine ausreichende Versorgung, die den bestehenden medizinischen Fortschritt allen Patienten mit chronisch-entzündlichen Rheumaformen zeitnah ermöglicht, fehlen bundesweit etwa 700 internistische Rheumatologen in der ambulanten Versorgung.

Seit vielen Jahren ist es das gemeinsame Anliegen des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen, der wissenschaftlichen Gesellschaft (Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie) und der Deutschen Rheumaliga alle denkbaren Voraussetzungen zu schaffen, um die defizitäre Rheumaversorgung zu verbessern und damit auch die Zahl der Rheumatologen in Deutschland zu erhöhen.

Diese Anstrengungen werden in massiver Form durch eine im SGB V § 103 Abs. 3a, Satz 3 vorgesehene Vorgabe für die Zulassungsausschüsse konterkariert, die veranlasst werden sollen, in Planungsbezirken, in denen eine Überversorgung besteht, eine Praxisnachfolge abzulehnen.

In der weitaus überwiegenden Zahl der Planungsbereiche bestehen für internistisch-rheumatologische Praxen Zulassungsbeschränkungen. Dies ist eine Folge der geltenden Bedarfsplanung, die für Facharztinternisten mit Schwerpunkt als Gruppe gilt und nicht für die einzelnen Schwerpunkte.

Entsprechend der aktuellen Zahlen der KV Bayern liegen z. B. 711 von 1.580 Facharztinternisten oberhalb der kritischen Grenze von 110 Prozent für eine Zulassungsbeschränkung. D. h. fast jeder 2. Facharztinternist und damit auch Rheumatologe würde in den nächsten Jahren aus der ambulanten fachärztlichen Versorgung verschwinden, würde der Referentenentwurf in ein Gesetz überführt und 1:1 von den Zulassungsausschüssen befolgt werden.

Für die rheumatologische Versorgung, aber auch für die onkologische, kardiologische und übrige Schwerpunkt-internistische Versorgung würde dies nicht nur in Bayern, sondern auch den anderen Bundesländern einen Kahlschlag ohnegleichen bedeuten.

In der Rheumatologie wäre die Auswirkung für die Patienten nicht nur wegen des bereits vorhandenen Rheumatologen-Mangels mit Abstand am extremsten: Zum einen ist die Rheumatologie ein überwiegend ambulantes Fachgebiet, zum anderen sind schon heute die Wartezeiten in den ca. 180 bundesweiten Rheuma-Ambulanzen keinesfalls kürzer als in den entsprechenden Facharzt-Praxen.

Auch die im Gesetzentwurf vorgesehene ambulante Öffnung von Krankenhäusern ohne ambulante Zulassung wird keine Entlastung für die drohende Vernichtung rheumatologischer Kompetenz im ambulanten Bereich bringen: Rheumatologen an Kliniken ohne rheumatologische Abteilung sind bundesweit eine Rarität und wenn sie dort tätig sind, sind diese Rheumatologen meist in leitender Funktion im stationären allgemeininternistischen Bereich fest eingebunden und werden auch mit einer entsprechenden Öffnung dieser Krankenhäuser nur unzureichend in der ambulanten Versorgung tätig werden können.

Im klinischen Bereich tätige Rheumatologen haben in erster Linie Verantwortung für die stationäre Versorgung und werden damit weiterhin neben einer ambulanten Tätigkeit unverzichtbare Aufgaben in der stationären Versorgung der Patienten wahrnehmen. Damit werden auch bei einer vielleicht vom Gesetzgeber gewollten Ausweitung der Rheuma-Ambulanzen die durch die Stilllegung von rheumatologischen Praxen entstehenden Defizite bei weitem nicht gedeckt werden können.

In einem Bundesland wie Thüringen mit nur einer größeren Rheuma-Ambulanz und der bestehenden Altersstruktur der niedergelassenen Rheumatologen ist bei einer Umsetzung des § 103 des Referentenentwurfes davon auszugehen, dass in den nächsten zwei Jahren 50 Prozent der ambulanten fachärztlichen rheumatologischen Versorgung wegbrechen wird.

Gleichzeitig mit dieser Änderung des § 103 SGB V die Kassenärztlichen Vereinigungen zur Einrichtung von Servicestellen für eine raschere Terminvergabe zu verpflichten, ist paradox. Die Servicestellen werden allenfalls die Funktion haben, den mit jeder Praxisstilllegung größer werdenden Mangel in der Versorgung aufzeigen zu können.

Das Bundesgesundheitsministerium wäre gut beraten, im Gesetzgebungsverfahren die „soll“-Regelung im Referentenentwurf zum § 103 zurückzunehmen und es bei der bisherigen „kann“-Regelung bei bestehenden Zulassungsbeschränkungen zu belassen.

Für die rheumatologische Versorgung und für unsere Patienten ist eine Abnahme der Zahl an ambulant versorgenden Rheumatologen nicht zumutbar und muss unter allen Umständen vermieden werden.

Wir halten darüber hinaus die Einrichtung von Servicestellen für eine raschere Terminvergabe in unserem Fachgebiet nur für vertretbar und sinnvoll, wenn die bestehenden Fallzahl- und Leistungsbeschränkungen in der vertragsärztlichen Versorgung aufgehoben und damit z. B. den gesetzlichen Vorgaben von ambulanten Einrichtungen nach § 116 b angeglichen werden.

Die Aufhebung der vielfältigen Budgetierungen in der vertragsärztlichen Versorgung wäre nicht nur für die Rheumatologie, sondern für die gesamte ambulante vertragsärztliche Versorgung in der Praxis und Ambulanz der geeignete, gesetzlich sehr einfach umsetzbare Weg, um zu einer Stärkung der Versorgung zu führen. Es wäre der geeignete Weg, um die Wartezeiten in den Praxen und Ambulanzen abzubauen, um die Niederlassung im Haus- und Facharztbereich auch in strukturschwachen ländlichen Regionen zu fördern, um dem drohenden bundesweiten Ärztemangel im Haus- und Facharztbereich zu begegnen. Es wäre auch der angemessene Weg für eines der reichsten Länder dieser Welt.

Mit der Übernahme der Vorgabe des SGB V § 103 Abs. 3, Satz 3 im Referentenentwurf würde sich dieses Gesetz als ein die zukünftige Versorgung massiv belastendes Gesetz erweisen und seine ursprünglich ehrenvollen und hehren Ziele ad absurdum führen.

Die rheumatologische Versorgung würde es zu Lasten der 1,5 Millionen chronisch Kranken erheblich und zeitnah verschlechtern.


Für den Vorstand

Dr. med. E. Edelmann (1. Vorsitzender BDRh)
Prof. Dr. med. habil. J. Kekow (Stv. Vorsitzender BDRh)

Presseinformation
Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V.
Lindenstraße 2
83043 Bad Aibling

Brigitte Merk
Sekretariat BDRh
080/619058-23
email
http://www.bdrh.de


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